Am 14.08.2008 hielten Markus Beckedahl und Andreas Gebhard von newthinking, unterwegs als die beiden Pressesprecher von creative commons Deutschland einen workshop auf der co-pop in Köln. Lest im Folgenden meine Gedanken zum workshop und den neuen cc+ Lizenzen.
creative commons ist als internationale Organisation ausgestaltet, hat aber zu wenig Geldmittel, vor allem in Europa. Die neuen cc+ Lizenzen stellen eine Syntax für die Abrechnung kommerzieller Verwendung bereit, eine praktische Anwendung dieser Syntax ist allerdings noch nicht in Sicht. Auf Nachfrage spielten die Referenten den Ball zurück: das muß aus der community kommen.
In der Werbung für und der Anwendung der cc Lizenzen spiegeln sich zwei große gesellschaftliche Umbrüche wider, auf die es noch keine klaren Antworten gibt. Das betrifft Verschiebungen im Verhältnis privat zu öffentlich und im Verhältnis Amateure zu Profis.
Bei den Lizenzen zwischen kommerzieller und nicht – kommerzieller Nutzung zu unterscheiden, ist ein Versuch, hier einzugreifen. Das Problem ist, noch niemand hat genau (geschweige denn juristisch genau) definiert, was nicht – kommerzielle Nutzung ist. Markus Beckedahl stellte zwei Varianten der Begriffsdefinition vor:
a) es fließt überhaupt kein Geld
b) es fließt Geld, jedoch wird kein Gewinn sondern lediglich Kostendeckung angestrebt.
Meine persönliche Definition für den Hausgebrauch ist noch weniger streng: Kommerziell ist, wenn die erste Motivation des Handelns Geldverdienen ist. Nichtkommerziell ist, wenn die erste Motivation eine andere ist.
Eine solche moralische Definition lässt sich scheinbar schwer überprüfen. Allerdings gibt es schon seit Langem steuerrechtlich relevante Definitionen, die auch für die Beurteilung und Abrechnung von Musiknutzung herangezogen werden können. Es gibt gemeinnützige Rechtsformen, allen voran der Verein, die steuerrechtlich nach Definition b) arbeiten müssen. Privatpersonen müssen kommerzielle Aktivitäten dem Finanzamt melden, tun sie es nicht, machen sie sich wegen Steuerhinterziehung strafbar. Man könnte also dem Privatmenschen nichtkommerzielles Handeln unterstellen, andere Nutzungen muß er anmelden.
Das ist alles nichts Neues, die GEMA berücksichtigt bei den Gebühren, die sie erhebt, auch solche Kriterien. Auf der Ebene der Definition b) kann man also klarkommen, bleibt noch die Frage, ob für nichtkommerzielle Nutzung grundsätzlich nichts zu zahlen sei.
Im klassischen Vertriebsmodell zahlt erstmal jeder, auch der Privatnutzer soll CD oder mp3 kaufen. Was danach geschieht ist umstritten, denn das Verhältnis von Privat zu öffentlich verschiebt sich bei der Nutzung des internet und Kopien sind dort zur Nutzung eines Werks nicht nur möglich sondern nötig.
Hinzu kommt die Verschiebung im Verhältnis von Konsument und Amateur zu Produzent, also von passiver, rezipierender zu aktiver, verändernder Nutzung. Die Produktionsmittel sind heute günstig wie nie, aber vor allem gilt: Was im analogen Zeitalter notwendig eine quasi – private Handlung, weil nur für wenige zugänglich war: die selbstgespielten Versionen bekannter Lieder, die cut-up Collage aus Zeitungsschnipseln – ist heute quasi – öffentlich weil leicht für Viele digital zugänglich.
Der Stärke von creative commons besteht darin, diese Veränderungen als gegeben zu akzeptieren und Lösungen für einen praktischen Umgang mit dem Urheberrecht zu suchen, die Profis, Amateure und Nutzer (oder das Mischwesen, das wir alle einmal sein werden: der u-profiteur) mit einem unkomplizierten Regelwerk ausstatten.
Das Problem ist, woran sich die Definition von Nutzungen, für die bezahlt werden muß orientieren soll und wie die Abrechnung vonstatten geht. Wenn bei jeder Nutzung Gebühren in unterschiedlichen Höhen anfallen oder eine flatrate nach Nutzungsanteilen verteilt wird, ist die Geldverteilung möglicherweise gerecht, aber wer registriert das alles? Ist es ohne die Totalüberwachung der Mutzer und eine fragwürdige Machtansammlung in Form der Herrschaft über diese Daten zu machen? Kann die Verteilung dezentral und anonymisiert laufen?
Das Musiker auf Spenden angewiesen sind oder nur von Liveauftritten leben sollen, kann jedenfalls nicht sein und ist auch nicht das Ziel von creative commons. Die cc+ Lizenzen stellen eine Aufforderung dar, sich um die Fragen der Abrechnung zu kümmern.