„25 Jahre Weihnachten“ feierten wir, es ist noch nicht lange her. Die Musik war laut und basslastig, die Luft enthielt kaum noch Sauerstoff. Der war ersetzt durch Nikotin, THC und Trockeneis. Der Nebel blieb konstant und stoisch. Mancher lehnte mit Kreislaufproblemen an der Wand, es wurde wohl auch reichlich übertrieben.
Da sprach der Finne zu mir, überwältigt: „In dieser Musik steckt soviel Wahrheit drin!“ „Ja.“ antwortete ich. Aber eigentlich war ich mir nicht sicher. Was mir die Musik heute sagt, ist eine Frage, die ich vermeide. Ich bin mir der Antwort nicht sicher. Und damit verbunden die Frage, was bedeutet technotisches, elektronisches Feiern heute, für die Anderen, für mich?
Das Schöne am Feiern war für mich die Erfahrung einer Zeitlosigkeit, das Erreichen eines Zustands, in dem Minuten und Stunden nicht mehr zählen, weil nur noch pures Jetzt da ist. Das findet nicht nur auf der Tanzfläche statt. Da möchte ich auch abhängen können und nehme gerne, man nenne mich einen Hippie, Lagerfeuer und Bäume dazu. Ein Keller tut´s aber auch. Im Herbst drängte es mich nach dem „rebirth of chill out“. Schmerzlich vermisse ich den Rahmen für formloses Abhängen und das Geniessen quergründiger musikalischer Ausdrucksformen.
Aber das ist es nicht nur. Ich bin älter geworden, habe einiges gesehen, noch mehr nicht erlebt, und feiern ist nicht mehr wichtig. Das ist ok. Mir graut bei dem Gedanken, in einer Ausgehschleife hängend einfach nur Jahr um Jahr zu verbringen und zu glauben, ich hätte den Satz „history will repeat itself“ verstanden. Will sagen, irgendwann reicht´s.
Doch auch das trifft nur den subjektiven Punkt, objektiv besehen ist alles nur Wiederholung, ja etwas gewinnt seine Kraft, seine Bedeutung dadurch, daß es wiederholt wird, von Vielen viele Male. Die Legende von der Winzigartigkeit – wollte schreieben, Einzigartigkeit eines Erlebens, eines Moments, einer Person – das ist die Irreführung, ist die Lüge. In Wahrheit ist es Winzigartig. (Das Wort muß ich sofort hierhin schicken). Nichts und Niemand ist Einzigartig, alles wiederholt sich, der Anteil selbstbestimmter Handlungen im Laufe eines Lebens liegt vermutlich unter 0,2%. Ernüchternd? Hoffentlich. Deprimierend? Hoffentlich nicht. Für mich eher eine Befreiung, nichts Besonderes sein und leisten zu müssen. Zu wissen, die Frage ist, welche Bewegung, welche Ideen kann ich durch die Herstellung von Wiederholungen unterstützen? Der Blick auf die Innovation führt in die falsche Richtung. „Vorsicht, ein Trend geht um!“ Die Innovation ist als Motor der Produktmaschine korrumpiert. Die Werte, um die es mir geht, sind uralt. Auch die Strategien, um die es geht, sind wahrscheinlich alte, reichlich ausgelatschte Pfade. Gut so, was soll daran schlecht sein?
„Wiederholung als Prinzip“, für die subjektive Psyche gefährlich, für das soziale Gemeinwesen unverzichtbar. Alles, was uns einfängt, ist ritualisiert: Unterhaltung, Erwerbsarbeit. Aber das Ritual ist nicht das Gefährliche, die Frage ist, worum geht es in den Ritualen, und: lassen sich alternative Routinen herstellen?