Mit den ständig wachsenden Speicherkapazitäten und Rechengeschwindigkeiten geht ein gewisser Speicherwahn einher – es wird gescannt, überspielt, digitalisiert und für den Rechner aufbereitet, was nur geht. Viele Menschen tun dies in dem Glauben, ihre Fotos, Bücher, Schallplatten usw. in die Ewigkeit zu retten, weg von den alternden Trägermedien in die digitale Ewigkeit.
Eine Art kollektiver Blindheit begleitet diesen Vorgang. Schließlich werden Rechner im Schnitt alle 3 bis 5 Jahre entsorgt, Betriebssystem und Programme werden ständig aktualisiert und sind, wenn überhaupt, nur mit Einschränkungen und für Übergangszeiten abwärts in die Vergangenheit kompatibel. Alle 10 bis 15 Jahre schließlich werden die Schnittstellen und Speichermedien durch neue ersetzt, so daß alte Datenträger von neuen Geräten überhaupt nicht mehr gelesen werden können. Die Notwendigkeit, eine Industrie am Leben zu erhalten gilt mehr, als langfristiger Zugriff auf einmal gespeicherte Inhalte.
Die Rettung der Daten in den digitalen Raum ist mit der Digitalisierung allein nicht getan. Ein Datenträger, der ungelesen in der Ecke liegt, verwandelt sich unweigerlich in einen Möglichkeitsraum – die Wahrscheinlichkeit, daß die dort gespeicherten Daten lesbar sind, verringert sich von Jahr zu Jahr.
Besonders deutlich wird mir der Verlust, wenn ich in einer Kiste die Sample Disketten für den AKAI S900 finde. Diese Sounds sind wohl tatsächlich verloren, obwohl mal gerade 10 Jahre alt. Weiter versuche ich alte Tracks zu bewahren, die im Logic-format bei mir auf der Platte rumlungern. Effekte, die in diesen Songs aufgerufen wurden, sind schon lange nicht mehr existent. Glücklicherweise sind noch Audiofiles recyclebar, aber alles, was vor 5 Jahren nicht gemixt wurde, ist jetzt weg. So bleibt also tatsächlich nur das analoge über die Jahre erhalten, das ist schon spannend. Es sei denn, man setzt sich alle 2 Jahre dran, und remix’t was nicht verloren gehen soll. Wäre ja ein guter Anlass…