Am Donnerstag sah ich in der S-Bahn in Berlin ein paar hippe Teenager. Ein Mädchen trug ihr Smartphone in einer gefakten Kompaktkassetten-Hülle. Interessant. Neben den Frisuren und Klamotten eine noch viel klarere Referenz an die Popkultur der 80 Jahre, die Zeit kurz vor ihrer Geburt.
Mitte bis Ende der 80er war ich in ihrem Alter und für mich war die Popkultur der 60er, der Zeit kurz vor und um meine Geburt herum, ein wichtiger Bezugspunkt. Zufall? Geht es mehr Leuten so?
Küchentischpsychologisch erkläre ich mir das so, dass die Popkultur einen Teil des Gefühls transportiert, das die Gegenwart ausmacht. Sie erinnert mich an die Welt der frühen Kindheit, an die ich kaum bewusste Erinnerungen habe. Aber Kleidung und Musik, die Farben und die Möbel, sie kommen mir seltsam vertraut vor. Sie sind ein Zuhause, das es zu entdecken gilt.
Es ist die Erinnerung an eine Welt, die anders war und sich anders anfühlte. Wir wissen, das sie sich verändert hat.Es sind nicht nur Mode und Technik, es ist die Art, wie die Menschen fühlten und handelten.
Als mein Grossvater jung war, funktionierten Kühlschränke so: Grosse Stangen Eis wurden in das obere Fach eines Kühlschranks oder in eine Kühlkiste gelegt. Das Eis wurde in einer Fabrik hergestellt, ein Pferdefuhrwerk brachte es ins Haus, in Stroh gebettet zur Isolierung unterwegs. 30 Jahre späte flogen die Amerikaner zum Mond. Technik und Ektase, alles schien möglich. Eine bessere Welt war das Ziel.
Heute wissen wir, dass technologischer Fortschritt nicht automatisch eine bessere Welt bringt. Im Gegenteil, für Viele bringt er Nachteile, er schröpft die Ökosysteme. Wir sehen, dass er immer nur Teilen der Weltbevölkerung nutzt und dass wir alle Räder in einer riesigen maschinenhaften Dynamik sind, deren einziges Ziel es ist, immer grösser zu werden. Niemand kann aussteigen, der Ausgang ist versperrt.
Wird dieser Glaube in 20 Jahren als die grosse Illusion dastehen? Als kollektive Halluzination, zu der sich die Jungen schaudernd-kultig in Beziehung setzen? Hoffentlich.