Neulich habe ich einen Freund in Japan mit privaten Negativschlagzeilen überfallen und bekam als Antwort – nichts. Wochenlanges Schweigen im Elektronenwald. Da schickte ich eine versichtige Erkundungspost hinterher und entschuldigte mich für mein unhöfliches Verhalten. Wenig später kam die entspannte Antwort, alles in Ordnung, gar kein Problem, und wirklich schön, daß es Dir jetzt wieder besser geht.
Ich hatte mal wieder vergessen, auf wieviele Weisen Japaner schweigen können.
Letzte Woche sah ich eine Folge eines japanischen Anime. Da sagt der Staatschef zu dem Piraten: „War das alles, was er Dir auf dem Sterbebett gesagt hat, oder war da nicht noch mehr?“ Der Pirat dreht sich um und schweigt. Nach einiger Zeit der Staatschef: „Ich sehe, alles klar. Du kannst gehen.“
ah – so.
Lieber Holger, versuche mir bitte nicht nochmal zu erzählen, daß Du Deinen Realitätstunnel nicht nach Gutdünken selbst programmierst.
Das klappt jawohl erstklassig.
Mit 1A Rechtfertigungssubroutine für mieses Freundverhalten.
😀
Dieses Japanische Schweigen ist auch durchaus verbreitet unter ‚echten Männern‘ anderer Kulturkreise. Gut zu beobachten, wenn die Gegenseite den Klassiker „Wir müssen reden“ von sich gibt.
Schweigen auch Japanerinnen?
Den Realitätstunnel umzuprogrammieren, ist wohl nicht so schwierig, aber wer will das schon? Die Scheingefechte verlassen, mit denen man sich täglich herumschlägt, nur um sich echten Problemen widmen zu müssen? Die kleinen Aufstiegsstrategien aufgeben, um wirklich etwas tun zu müssen? Klingt mir viel zu gefährlich und im Resultat zu unvorhersehbar. Da köchel ich lieber weiter in meiner Suppe.
An genau diesem Punkt der Selbsterkenntnis fällt es mir immer schwer den Selbstrespekt aufrecht zu erhalten. Zum Glück bin ich sehr gut im Verdrängen. Kurze Zeit später ist alles wieder normal. Genau wie du es beschreibst: Problemchen zum dran reiben wohin man auch schaut. Eine der wichtigsten Erkenntnisse überhaupt ist erfolgreich vergessen.